Unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte.
(Heinrich Heine)
Wenn das eigene Haustier stirbt ist plötzlich nichts mehr wie es war. Man hat einen Weggefährten verloren, der einen in seinem persönlichen Lebensrhythmus stets begleitet hat. Eventuell hat mein seinen eigenen Lebensstil sogar dem des Tieres ein Stück weit angepasst.
Vor vier Jahren ist Tara, unsere Labrador-Hündin, gestorben. Ich denke bis heute sehr oft an sie, denn Tara war für uns etwas Besonderes. Tierschützer haben sie im Alter von sechs Jahren aus einer Vermehrerfarm in Holland befreit und sie hat trotz oder vielleicht eher wegen ihres verheerenden Zustands sofort unsere Herzen erobert. Damals war nicht klar, ob sie trotz eines guten Zuhauses und liebevoller Pflege überleben würde. Umso glücklicher waren wir, als sie den Kampf bravourös gewann. Doch je länger sie bei uns war, desto klarer wurde, dass wir sie irgendwann trotzdem gehen lassen müssen. Diese Erkenntnis wurde von Jahr zu Jahr, von Monat zu Monat und am Schluss von Woche zu Woche klarer. Am Ende mussten wir uns damit anfreunden, eventuell die Entscheidung über Leben und Tod selbst zu fällen. Doch zum Glück – bei aller Tragik – hat sie selbst darüber entschieden und uns diese Last abgenommen. Auf der Fahrt zum Tierarzt, von der wir wussten, es würde ihre letzte sein, ist sie im Schoß meines Mannes eingeschlafen. Ich selbst saß am Steuer und habe ihre letzten Atemzüge trotzdem im Nacken gespürt.
Dieses Gefühl bin ich über etliche Tage und Wochen nicht losgeworden. Außerdem hatte ich ständig ihren Geruch in der Nase – und das nicht nur zuhause. Es sind damals viele Tränen geflossen und manchmal hat man beinahe körperliche Schmerzen gelitten. Oftmals habe ich mich gefragt, wieso beschäftigt mich der Tod eines Tieres intensiver als der eines Menschen? Die Antwort liegt aber eigentlich auf der Hand: Ein Haustier ist ein Familienmitglied. Man ist ihm 24 Stunden täglich sehr nah, weil es immer auf unsere Anwesenheit reagiert – positiv. Sind wir nicht da, wartet es nur darauf, dass wir zurückkehren. Nähe spielt also eine große Rolle. Daher ist es kein Wunder, dass wir, ist diese Nähe plötzlich verschwunden, sehr stark trauern.
Nach Taras Tod hatte ich zunächst alle Fotos aus meinem Blickfeld verbannt. Ich dachte, ich könnte so schneller darüber hinwegkommen. Es wurde mir aber nach und nach klar, dass dies nicht der richtige Weg für mich ist. Daher habe ich sie wieder aufgestellt und dafür gesorgt, dass ihre Urne einen Platz in unserer Vitrine bekommt. Sie gehört einfach dazu.